Völkerwanderung statt Bergwanderung – voll und laut

Nach meinem Ruhetag in Alleghe startete ich heute von neuem in die Berge. Aber wer die Einsamkeit der Bergwelt sucht, war auf der heutigen Strecke völlig fehl am Platz. Wie vom Wanderführer vorgeschlagen fuhren wir, d.h. Vicky, Karsten und ich, mit der Bergbahn ersteinmal zum Col dei Baldi, von wo wir dann über den Lago di Coldai zum Rifugio Tissi an der Civetta wandern wollten und es auch getan haben. Aber außer uns hatten noch hunderte andere die gleiche Idee, vor allem viele Jugendgruppen, die lautstark den Berg hinauf stiegen.

Nichtsdestotrotz war es eine schöne aber relativ kurze Wanderung. Von der Bergbahn ging es erst einen bequemen Weg durch Wiesen entlang, bevor uns dann ein steiler Anstieg hoch zum Lago di Coldai führte, einem kleinen Bergsee, schon eingebettet in die Berglandschaft. Dort machen wir dann eine kleine Rast, damit wir nicht zu früh im Rifugio eintreffen und damit ich ein bisschen von den vielen Lebensmitteln essen konnte, die ich gestern vor lauter Begeisterung über das reichliche Angebot im Supermarkt gekauft habe und die ich nun mit mir schleppen muss. Zum Glück hatten sich die viele Gruppen etwas verteilt, so dass wir auch dort ein dies Plätzchen finden konnten.

Lago di Coldai

Nach unserer Rast haben wir mal wieder Heike und Nils getroffen. Ich weiß nicht, ob ich schon von ihnen erhalten habe, aber sie sind auch von München nach Venedig unterwegs und eigentlich treffen wir sie seit der Glungezer Hütte immer wieder.

Der restliche Weg zum Rifugio Tissi war recht anstrengend, obwohl er hat nicht so lang oder besonders schwierig gewesen war. Aber vielleicht bin ich auch nach den letzten eher gemütlichen Tagen etwas aus der Übung gekommen. Aber auf diesem Stück ist Vicky etwas passiert, was ich schon bei mir mehrmals befürchtet hatte, es aber zum Glück nie der Fall war. Ihr ist nämlich einer ihrer Wanderstöcke an einem Felsen hängengeblieben und dann zerbrochen. Er hat sich in alle seine Karbonfasern aufgespalten und sieht ziemlich irreparabel aus. Leider muss sie jetzt die nächsten drei Tage mit einem Stock durch die Berge wandern, bevor sie sich in Belluno vielleicht neue kaufen kann.

Für mich wäre es ziemlich schlimm ohne oder mit mir noch einen Stock zu wandern. Obwohl ich früher eher skeptisch gegenüber Wanderstöcken war, habe ich mich in den letzten Wochen doch sehr daran gewöhnt. Wenn ich stellenweise Mal ohne Stöcke laufe, fühle ich mich plötzlich ziemlich unsicher. Vor allem an den Stellen, ob bergauf oder bergab sind sie doch eine große Hilfe. Aber Vicky nimmt es mit Humor, viel anderes bleibt ihr ja auch nicht übrig.

Die Hütte hier ist direkt innerhalb der Wand der Civetta, die hier noch 1000m aufragt. Aber auch auf der anderen Seite der Hütte geht es einige hundert Meter senkrecht in die Tiefe. Ein schon etwas schwindelerregender Anblick, wenn man an der Kante steht.

Blick auf die Civetta
Am Abgrund

Da wir heute den ganzen Tag ausgezeichnetes Wetter hatten, konnten wir auch einen wunderschönen Sonnenuntergang beobachten, der die Civetta-Wand mit rötlichen Licht anstrahlte. Außerdem war es ein toller Anblick, die Sonne auf der anderen Seite zwischen den Bergen versinken zu sehen.

Civetta-Wand im Sonnenuntergang
Sonnenuntergang

Ich werde jetzt gleich noch einmal rausgehen, um zu sehen, ob ich auch, jetzt wo es dunkel ist, ein paar Sterne sehen kann.

Leider ist es sich nicht so dunkel geworden, wie ich gehofft hatte. Aber Szene habe ich trotzdem gesehen. Wahrscheinlich hatte ich noch länger warten müssen. Aber da es dann so kalt wurde, bin ich lieber ins Bett gegangen, obwohl das Bett bzw. das Zimmer, in den es stand, auch ziemlich kühl war, da es nicht über der Gaststube, wie die anderen, sondern darunter lag und so die ganze Kälte vom Berg rein kam. Aber so konnte ich auch das letzte Ausrüstungsstück, das ich noch nicht genutzt hatte, nämlich meine lange Laufhose, auch noch nutzen.

Zwischenspiel zum vierten Akt

An meinem Ruhetag in Alleghe ist Mal wieder Zeit in Zwischenfazit zu ziehen, jetzt, nachdem drei der fünf Teile meiner Wanderung vollendet sind und das Ende schon abzusehen ist.

Die letzten fünf Tage von Pfunders hierher nach Alleghe, die diesen dritten Abschnitt gebildet haben, beginnen für mich wie im Flug. Je länger ich unterwegs bin, desto leichter fällt mir das Vorankommen. Nach nun 20 Tagen hat sich bei vielen eine gewisse Routine eingestellt: Aufstehen, Rucksack packen, frühstücken, los gehen, wandern, ankommen, duschen, abendessen, Blog schreiben, schlafen gehen. Was sich vielleicht etwas eintönig anhört, wird jeden Tag variiert durch die vielen Eindrücke, die immer wieder unterschiedlichen Landschaften und durch die kleinen und großen Erlebnisse, die es immer wieder gibt und die keinen Tag wie den anderen werden lassen.

Auch das Wandern fällt mir immer leichter. Während der erste Teil besonders mit meinen alten Schuhen dich teilweise eine ziemliche Qual waren, bin ich jetzt die letzten Tage komplett ohne irgendwelche Pflaster oder zugetapete Füße ausgekommen. Bei den langen, schweren Etappen der letzten Tage war ich zwar Abend immer ziemlich k.o., aber am nächsten Tag ging es wieder in alter Frische weiter.

Der nächste Teil unseres Weges führt uns weiter durch die Dolomiten über die Civetta und die Schiara, die ich aber umgehen werde, da ich mir den Klettersteig dort mangels Erfahrung und Klettersteigset nicht zutraue, nach Belluno, von wo aus der letzte Teil dann durchs venetische Flachland zu dem Endziel nach Venedig führt. Dieser nächste Abschnitt ist also der letzte mit richtigen Bergen, die mich seit zweieinhalb Wochen begleitet haben.

Was bleibt noch von diesen letzten fünf Tagen? Die Wandergruppen sind dynamischer geworden. Durch unterschiedliche Etappenplanungen und Pausentage lernt man auch die Leute kennen, die vor oder nach einem auf dem Weg sind, man trifft sich, man verabschiedet sich und man trifft sich wieder. Heute Abend z.B. werde ich Karsten wieder treffen, mit dem ich zwischen Tutzinger Hütte und Pfunders zusammengewandert bin und der in Vintl einen Ruhetag gemacht hat, mich jetzt aber wieder eingeholt hat. Heute Morgen habe ich mich von Albert verabschiedet, der wieder nach Berlin zurückfährt und gestern Mittag sind Anni, Henning und Kevin ohne mich weiter gelaufen. Und morgen werde ich wahrscheinlich wieder Vicky treffen. Und so mischen und trennen sich die Gruppen immer wieder.

Die großen Schwierigkeiten des Weges liegen jetzt auch hinter uns. Die nächsten Etappen sind mittelschwere und leichte, bis auf die eine sehr schwere, die ich, wie oben schon erwähnt, auslasse. Auch bei den schweren Etappen habe ich mich nie unsicher gefühlt oder Angst gehabt. Einige Stellen waren zwar durchaus anspruchsvoll und mit Respekt anzugehen, aber keine war so schwer, dass ich Probleme ganz gehabt hätte. Interessant wäre natürlich gewesen, ob die beiden Etappen, die wir ausgelassen haben, noch schwerer oder ähnlich gewesen wären. Aber um das zu erfahren, musste ich wahrscheinlich in einem anderen Jahr noch einmal hierher kommen, um sie zu machen.

Interessant war auch der Ruhetag heute. Irgendwie fühlte es sich merkwürdig an, einfach mal nichts zu tun bzw. ohne festen Plan einfach zu sehen, es sich so ergibt. Aber genau diese Ruhezeiten, diese ungeplante (oder unverplante) Zeit ist etwas sehr wertvolles, was aber nicht nur bei dieser Wanderung sondern auch im Alltag oft zu kurz kommt. Oft ist es gerade in dieser Zeit, in der man ohne konkretes Ziel plötzlich neue Ideen oder Einsichten gewinnt, an Dinge denkt, die man aus den Augen verloren hat oder an die man noch nie gedacht hat. Ich nenne eine solche Zeit gerne produktive Langweile, will es sich erst langweilig anfühlt, aber der Geist befreit von Zwängen und Druck plötzlich ganz produktiv sein kann.

So richtig produktiv war ich heute zwar nicht, aber ich habe immerhin die Zeit genutzt, meine alten Artikel noch mit den versprochenen Bildern anzureichern. Wenn ihr also in der Historie zurückblättert, werdet ihr jetzt noch ein paar zusätzliche Bilder sehen.

Außerdem habe ich heute einen kleinen, gemütlichen, lockeren Spaziergang um den See hier gemacht und habe ein paar Lebensmittel für die nächsten Tage gekauft. Damit ihr einen Eindruck von Alleghe gewinnt, hier ein paar Bilder:

Collage von Alleghe

Morgen geht es dann wieder in die Berge. Dann gibt es bestimmt wieder mehr Bilder und auch wieder einen GPS-Track der gelaufenen Strecke.

Busfahrt ins Tal – ruhig und entspannt

Heute war mal wieder einer der Tage, an denen wir nicht so viel gewandert sind, sondern mehr Bus gefahren. Diesmal aber nicht, weil uns die Witterung, wie bei der Busfahrt von Hintertux zum Schlegeisspeicher, einen Strich durch die Rechung gemacht hat, sondern weil schon im letzten Herbst hier Unwetter mit Sturm und heftigen Regengüssen gewütet haben, so dass die Gegend jetzt ungefähr so aussieht:

Sturmschäden bei Caprile

Deshalb war unklar, ob die Wege durch die Schlucht von Sottoguda begehbar waren, so dass wir ein Stück mit dem Bus gefahren sind.

Aber bevor wir in den Bus gestiegen sind mussten wir erst vom Rifugio Viel dal Pan, von wo aus man übrigens einen guten Blick auf die Marmolada (einen schönen Gruß an Familie Schmieder übrigens), den höchsten Berg der Dolomiten, hat, zum Lago di Fedaia wandern, den man sich schon vom Rifugio im Tal Leuchten sah.

Blick auf die Marmolada
Blick auf den Lago di Fedaia

An See angekommen wanderte ich noch mit Kevin an sein südliches Ende, wo wir dann aber auch in den Bus stiegen, in den schon Anni, Henning und Albert saßen und der und nach Caprile brachte, von wo aus wir das letzte Stück noch nach Alleghe gingen.

Alleghe ist ein typischer Wintersportort mit vielen Seilbahnen in die umliegenden Berge, Hotels und Restaurants und Läden, in denen der Bergsportler mit Ausrüstung eindecken kann. Nach dem Hüttenessen der letzten Tage brauchen wir ersteinmal Abwechslung und sind zuerst in eine Pizzeria eingehalten, um eine große Pizza zu essen. Danach ist jeder in seine nächste Unterkunft weitergezogen, so dass sich unsere Gruppe ersteinmal getrennt hat. Albert wird morgen nach Berlin zurückfahren, die anderen morgen weiterlaufen und ich werde hier noch einen Ruhetag einlegen und erst am Dienstag weiter wandern.

Das ist schon merkwürdig. Ich glaube an Donnerstag war es, als ich ein großes Bedürfnis danach hatte einen Tag ohne Wandern, nur zur Erholung und Ruhe zu haben, weswegen ich dann auch gleich das Hotel hier für zwei Nächte gebucht habe. Aber kaum bin ich hier und hatte den ersten freien halben Tag vor mir, wusste ich plötzlich gar nicht mehr, was ich mit der Zeit machen soll und ob der zusätzliche Ruhetag überhaupt nötig war, da die heutige Etappe im Endeffekt nur knappe drei Stunden wandern bedeutete und auch die nächste, die wieder eine Seilbahnfahrt enthält auch eher ruhig sein wird. Aber gut, jetzt habe ich den Ruhetag morgen und mir wird schon etwas einfallen, was ich machen kann. im Zweifelsfall lese ich einfach meine eBooks, die ich mir runtergeladen habe.

Heute habe ich jedenfalls die Zeit genutzt, die nächste Woche zu planen, d.h. mit zu überlegen, wir wir ich jeden Tag laufen will und entsprechende Quartiere zu buchen. Wenn alles gut geht und ich die vorletzte und drittletzte Etappe überspringe, die wohl recht langweilig durch das venetische Flachland gehen, dann kann ich schon am 23. Juli in Venedig sein. Aber ich bin mir noch nicht so sicher, ob ich diese beiden Etappen nicht doch laufen soll, da sie eben dazugehören zum nach Venedig zu kommen. Aber das werde ich im Laufe der nächsten Woche nach meiner Stimmung dann entscheiden.

Zum Schluss noch die beiden Wegstücke, die ich heute gelaufen bin: Rifugio Viel dal Pan – Passo di Fedaia und Caprile – Alleghe

Klettern ohne Ende – heiter und bewegt

Heute habe ich meine Königsetappe absolviert. Insgesamt bin ich heute mehr als 1800m aufgestiegen, habe den mit 2962m höchsten Punkt des Traumpfades München-Venedig erreicht und als Zugabe noch den Piz Boè mit 3152m bestiegen. Und das alles auf einer Strecke von kaum mehr als 15km. Allein das zeigt schon, wie steil die Wege heute waren.

Die heutige Etappe, die eigentlich fast zwei Etappen waren, bestand zum großen Teil aus Klettersteigen, die vielleicht nicht ganz so anspruchsvoll wie die Nives-Scharte gestern waren, aber dafür viel länger. Beim ersten Klettersteig, der gleich am Anfang des heutigen Tages vom Grödner Joch zum Rifugio Pisciadù auf 2587m Höhe führte, habe ich leider den Fehler gemacht, dass ich meine Wanderstöcke nicht rechtzeitig an Rucksack verstaut hatte, so dass ich die Stöcke ständig in der Hand hatte, was das Klettern etwas schwieriger machte. Mitten im Klettersteig wollte ich dann auch nicht mehr den Rucksack absetzen, um die Stöcke wegzupacken. Aber es ging ja auch so. Zu allen Überfluss habe ich unterwegs noch meine Handschuhe verloren, die aber ein netter Kletterer mir nachgetragen hat.

Überhaupt die Handschuhe, die waren heute wirklich nötig, da es heute doch stellenweise ungemütlich kalt war. Vor allem an den offenen hochgelegenen Stellen wehte ein sehr unangenehmer, kalter Wind, so dass ich heute tatsächlich nach zweieinhalb Wochen erstmalig meinen Pullover angezogen habe. Vor allem auf dem Gipfel des Piz Boè war es bestimmt nicht viel über 0 Grad. Aber dafür hat es nicht geregnet, wenn es auch stellenweise danach aussah.

Aber zurück zu den heutigen Weg. Das Rifugio Pisciadù liegt sehr malerisch an einem kleinen Bergsee:

Bergsee an Rifugio Pisciadù

In dieser teilweise eher an eine Mondlandschaft erinnernden Umgebung wirkt der See fast etwas unwirklich.

Von dort ging es dann über den zweiten Klettersteig zur höchsten Stelle des Traumpfades, die selbst wenig spektakulär auf einer Hochebene liegt, aber von wo man eine spektakuläre Aussicht hat.

Blick vom höchsten Punkt

Wir schon eingangs erwähnt bin ich aber noch über diesen höchsten Punkt hinausgestiegen auf den Gipfel des Piz Boè, der eigentlich nicht auf dem Weg liegt, der aber mit einem kleinen Umweg erfordert. Auf dem Gipfel gibt es sogar eine kleine Hütte, in der Vicky heute Nacht schläft. Ich hatte auch eine Reservierungsanfrage gestellt, aber die Hütte war schon ausgebucht. Anni und Henning hatten sogar in letzter Minute noch zwei Plätze haben können, aber da waren sie schon wieder vom Gipfel abgestiegen, so dass sie jetzt auch mit mir im Rifugio Viel dal Pan sind.

Nach diesem Umweg über den Gipfel nahm ich dann aber eine Abkürzung, in den ich mit der Seilbahn von der Pordoi-Scharte zum Pordoi-Joch gefahren bin statt runterlaufen. Aber das war es mir heute wert.

Obwohl der Kontrast dann doch sehr stark war: Von der kalten, kargen Höhe, die eher einer Mondlandschaft glich und wo noch reichlich Schnee lag, mitten hinein in den Trubel des Jochs mit seinen Gondelbahnen, Straßen und vor allem dem satten Grün seiner Wiesen, die in voller Blüte standen.

Kurz nach dem Pordoi-Joch

Es denn Trubel betraf, war er zum Glück recht schnell nach dem ich ein Stück von der Straße Weg war, auch schon wieder zu Ende.

Heute Abend tauchte übrigens Kevin plötzlich wieder in unseren Rifugio auf. Ich weiß gar nicht, ob ich von mitten schon erzählt habe. Er ist alleine mit dem Zelt auch auf dem Traumpfad unterwegs und schläft meist draußen. Mit bei schlechtem Wetter schläft er in Hütten. Meistens ist und trinkt er dort nur etwas. Wir treffen ihn immer mal wieder und immer hat er interessante Abenteuer zu erzählen, die ihm so wiederfahren sind. Er ist zum Beispiel der Einzige, der letzte Woche die Friesenbergscharte trotz schlechtem Wetter überquert hat, es wir uns nicht getraut haben. Heute hat er uns davon erzählt, dass er sein Portmonee mit seiner Bankkarte verloren hatte und es dann verzweifelt auf dem Weg gesucht hatte und bei allen Hütten der Gegend angerufen hatte, wo es tatsächlich bei einer abgeben wurde.

Denn Tag heute haben wir übrigens mit einer kleinen Geburtstagsfeier zu Annis 30. begonnen. Vicky hat es tatsächlich fertiggebracht zu diesem Anlass einen kleinen Geburtskuchen in Form eines Stück Apfelstrudels, eines unserer Grundnahrungsmittel hier, und drei Kerzen zu organisieren.

Es gäbe sicherlich noch viel zu sagen und erzählen, aber da ich mir bin, werde ich jetzt erst einmal versuchen zu schlafen, wenn es auch um mich ein aus allen Richtungen schnarcht.

Hellgraue Giganten auf grünen Wiesen – herausfordernd und beeindruckend

Nun sind wir mitten drin in den Dolomiten und ich muss sagen, ich bin beeindruckt von den Bergen hier. Wir haben ja schon einiges gesehen, aber die Dolomiten haben noch einmal eine ganz andere Qualität. Wie dahin geworfene riesige Felsen tragen hier die Berge aus den grünen Wiesen heraus und Strahlen hell in der Sonne, wenn sie denn scheint, was heute nicht immer der Fall gewesen war.

Neben den Bergen finde ich auch die Natur faszinierend, wir das Leben immer wieder seine Nische findet und an den unglaublichsten Stellen gedeihen kann. So findet man z.B. mitten in einem Geröllfeld Blumen, die man eher auf einer Wiese erwartet hatte:

Blumen auf einem Geröllfeld

Oder hoch auf einem Felsen weit überhalb der Baumgrenze wachsen zwei einzelne, kleine Kiefern:

Kiefern auf Felsen

Leider habe ich heute keine Edelweiß gesehen, die auf unserem heutigen Weg eigentlich auch zu sehen sein sollten. Und die waren auch da, den Anni konnte einige fotografieren. Aber ich habe wohl im richtigen Moment nicht richtig hingeguckt, da sie nur in einem kleinen Bereich zu finden waren. Dafür habe ich diese Blumen gesehen und fotografiert:

Collage von Blumenbildern

Jetzt aber noch etwas zu unserem heutigen Weg. Heute haben wir eineinhalb Etappen zurückgelegt, da der normale Endpunkt der heutigen Etappe, die Puezhütte, keine freien Betten mehr hatte. Deshalb haben wir heute schon die ersten zweieinhalb Stunden der morgigen Etappe drangehängt und sind bis zum Grödner Joch gelaufen, wo es neben Seilbahnstationen, Souvenirläden und einigen Ausflugsrestaurants auch ein wenn Gasthof mit freien Betten für Wander*innen gibt. Da die heutige Etappe eine eher kurze, aber durchaus anspruchsvolle war, war das gut möglich. Morgen werden wir dann den Rest der heute angefangenen Etappe und die komplette nächste Etappe machen, die auch wieder relativ kurz ist. So haben wir dann einen Tag gewonnen, den ich an Montag dann zu einem Ruhetag in Alleghe nutzen werde.

Heute standen mit der Roa-Scharte und der Nives-Scharte wieder zwei Scharten auf dem Programm, wobei die erstere ähnlich der Peitlerscharte gestern wieder durch ein steiles Geröllfeld zu erreichen war, während die letztere ein kleiner Klettersteig war, der erste, den ich bislang auf meiner Wanderung bewältigen musste. Dieser Klettersteig war nicht ganz einfach, ging erst durch einen Kamin, in dem ich trotz Rucksack auf dem Rücken nicht steckengeblieben bin, wir vor Jahren einmal in der Sächsischen Schweiz, dann eine vier Meter hoch Leiter hoch und noch über weitere Kletterstellen, die mit einem Seil versichert waren. Insgesamt war es auch ohne Klettersteigset gut zu schaffen.

Nach der Puezhütte ging der Weg dann weiter über das Ciampei-Joch und das Crespeina-Joch hinab zum Grödner-Noch, an dem wir dann wieder die Zivilisation kreuzten. Zwischen Ciampei-Joch und Crespeina-Joch fing es gab an zu regnen, aber nicht so stark, dass ich meine Regenhose anziehen musste. Die anderen, die heute nach mir gelaufen sind, sind aber voll in den Regen reingekommen. Dafür war es bei mir am Crespeina-Joch so kalt und ungemütlich und vor allem windig, dass ich kurz davor war erstmalig meinen Pullover anzuziehen, den ich seit München unbenutzt mit mir trage. Aber letzten Endes east ich dich zu faul, den Rucksack abzusetzen und den Pullover rauszuholen.

Heute hatte ich erstmalig während einer Etappe an Ende Konditionsprobleme. Der letzte Abstieg zum Grödner Joch war sehr anstrengend. Vielleicht hätte ich vorher noch einmal eine Pause machen sollen, aber das Wetter war gerade so ungemütlich. Aber ich habe es ja, wenn auch langsam, noch geschafft. Ich denke aber auch, es ist gut, wenn ich am Montag mal einen Ruhetag machen werde. Eigentlich der erste richtige, da der Tag in Innsbruck mit Shopping und Sightseeing nicht ganz so ruhig war.

Morgen wird wieder ein anstrengender Tag mit eineinhalb Etappen, aber die Wettervorhersage verspricht gutes Wanderwetter, an Morgen Sonne, später etwas bewölkt und so um die 10 Grad.

Hier sind noch zum Abschluss die beiden Teilstrecken, die ich heute gewandert bin: Schlüterhütte – Puezhütte und Puezhütte – Grödner Joch

Auf in die Dolomiten – hell und majestätisch

Eigentlich dachte ich, dass ich heute erstmalig aus dem Notlager meinen Blog schreiben werde, da ich für heute keine Reservierung auf der Schlüterhütte mehr bekommen habe. Trotzdem wollte ich heute bis zu dieser Hütte laufen, da auch die nächsten Hütten schwierig zu reservieren waren und wir (Henning, Anni und ich) deswegen planen die nächsten drei Etappen in 2 Tagen zurückzulegen. Ich hätte zwar ein Bett am Würzjoch bekommen können, das aber 2 Stunden (und vor allem 2 sehr anstrengende Stunden) vor der Schlüterhütte liegt, die dann morgen zu der sowieso schon verlängerten Etappe hinzugekommen wären. Eigentlich dürfen die Hütten nur Reservierungen für 75% der Plätze annehmen. So spekulierte ich darauf, dass ich, wenn ich früh genug komme, doch noch einen Platz bekomme. Aber leider haben sie hier scheinbar alle Plätze vergeben, so dass für mich nur noch das Notlager (eine Matratze auf dem Flur) übriggeblieben wäre. Aber gerade eben kann der Wirt zu mir, um mir zu eröffnen, dass noch ein Einzelzimmer frei wurde, da diejenige, die es gebucht hatte, nicht genommen ist. So schlafe ich heute also nicht im Notlager, sondern, total luxuriös, in einem Einzelzimmer. Leider hatten Kevin und Albert, die nach mir kamen und genauso wie ich spekuliert hatten, nicht so viel Glück und müssen Hütte im Notlager schlafen.

Apropos schlafen, die letzte Nacht haben wir sehr rustikal im Dachboden eines Kuhstalls geschlafen und sind entsprechen heute Morgen bin Muhen und Läuten der Kühe geweckt worden.

Unser Schlafquartier (das rechte Haus)

Aber nun zu unserer heutigen Tour. Wie gestern schon angekündigt, betraten wir heute mit den Dolomiten unser nächstes Gebirge. Aber zuerst führte uns unser Weg über sanft gewellte Bergwiesen und Almen, von denen man sowohl auf die zurückliegenden (Zillertaler Alpen) als auch auf die vor uns liegenden Berge (Dolomiten) blicken konnte. Besonders interessant fand ich folgenden Bergsee mit Schwänen:

Bergsee mit Schwänen

Danach ging es auf bequemen Wegen in sanften, aber ständigen Auf-und-ab zur Maurerberghütte. Auf dem Weg dorthin fanden wir ein sehr luxuriöses Biwak mit Ofen, Matratzen und Esstisch.

Luxusbiwakschachtel

Nach der Maurerberghütte ging es dann einen steilen Fahrweg bergab, bevor es wieder steil zum Würzjoch hinauf ging. Dabei kam der Höhepunkt unserer heutigen Etappe immer näher: Der Peitlerkofel, den wir gestern schon von weitem gesehen haben, wurde immer majestätischer. An seiner Flanke stiegen wir dann über weißes Dolomitgeröll auf einem steilen Pfad zur Peitlerscharte, von wo aus wir dann wieder mit einer großartigen Aussicht über grüne Bergwiesen mit bunten Blumen vor der Bergkulisse belohnt wurden.

Mit dem Wetter hatten wir heute übrigens Mal wieder Glück. Kaum fielen die ersten Regentropfen, erreichen wir unser heutiges Ziel, die Schlüterhütte, die übrigens nach einem Dresdener Kommerzienrat, der sie gestiftet hat, benannt ist. Der italienische Name ist übrigens „Rifugio Genova“. Hoffentlich bleibt uns auch morgen das Wetterglück hold, besonders da wir ein schweres Teilstück vor uns haben, das nur bei gutem Wetter begangen werden soll. Aber es gibt auch eine Schlechtwetter-Umgehung.

Heute bin ich schon den 16. Tag unterwegs, was so ziemlich die Halbzeit meiner großen Wanderung bedeutet. Langsam wird es immer realistischer, das ich tatsächlich in Venedig ankommen werde. Obwohl wir heute während des Wanderns viel von Rückblicken geredet haben, im wörtlichen Sinne, wie befriedigend es ist, zurückzublicken und zu sehen, es man schon geschafft hat und wie die schon durchwanderte Landschaft im Rückblick noch einmal einen ganz anderen Eindruck vermittelt, werde ich euch heute vor einem weiteren Rückblick verschonen, da ich das gestern schon gemacht habe.

Nachdem ich hier noch den Link zu unserer heutigen Tour eingefügt habe (Kreuzwiesenalm – Schlüterhütte), werde ich in meinem Einzelzimmer hoffentlich ruhig schlafen

Schnell runter, langsam wieder hoch – bequem und anstrengend

Nun komme ich doch später zum Blogschreiben, als ich gestern gedacht habe. Wir haben die heutige Etappe durch Busfahren zwar bedeutend verkürzt, aber uns beim Rest dann mit ausgiebigen Pausen viel Zeit gelassen.

Aber bevor ich von meinen Erlebnissen des heutigen Tages erzähle, wollte ich noch das gestern versprochene Resümee des zweiten Teils meiner großen Wanderung ziehen. Kurz gefasst war der zweite Teil bedeutend besser als der erste. Man kann sogar sagen, er war so, wie ich es mir vorgestellt und gewünscht habe. Ich habe einige schöne und auch anspruchsvolle Etappen durch die Zentralalpen absolviert, wenn auch der Höhepunkt dieses Teils, nämlich die Überschreitung der Friesenbergscharte, der Witterung zum Opfer gefallen ist. Das Wandern ist gut gegangen, ich musste keine über das gewöhnliche Maß hinausgehenden Schmerzen, insbesondere keine Blasen, mehr erdulden, und ich habe viele schöne Landschaften gesehen. Von diesem zweiten Teil bin ich vollauf begeistert und mit meiner Leistung sehr zufrieden. Ich hoffe, die noch ausstehenden drei Teile werden ähnlich verlaufen, so dass ich in zweieinhalb Wochen ein ähnlich positives Fazit meiner kompletten Wanderung ziehen kann.

Dieser zweite Teil führte mich vom Inntal ins Pustertal, das ich aber heute schon fast wieder verlassen habe, um jetzt die Dolomiten zu durchwandern. Geprägt waren die Etappen dieses Teils von felsigen Wegen oberhalb der Baumgrenze, auf denen man immer mal wieder an kleinen Kletterstellen die Hände zur Hilfe nehmen musste, und durch die zahlreichen Schneefelder, die wir umgehen oder überqueren mussten. Wettermäßig haben wir weiterhin fiel Glück gehabt. Es gab nur einen Regentag während dieser Zeit und an diesem hat es auch nicht durchgängig geregnet, sondern nur teilweise, und als es am schlimmsten wurde, Rasten wir schon in der schützenden Hütte.

Ich bin froh, das ich nicht nach dem ersten Teil aufgegeben habe, wovor ich kurz war mit all meinen Fuß- und Schuhproblemen. Hätte ich das gemacht, könnte ich jetzt nicht zufrieden auf das Geleistete zurückblicken. Und sollte ich, aus welchen Gründen auch immer, nicht in Venedig ankommen, sondern schon vorher zurückkehren, kann ich trotzdem stolz darauf sein, zwei Wochen durch die Alpen gewandert zu sein und dabei immerhin den Hauptkamm der Alpen überschritten zu haben.

Aber schwierig ist eine Entscheidung aufzugeben oder nicht doch, will man ja nie vorher weiß, ob es besser wird und man deshalb nicht aufgeben sollte, oder schlimmer, und man hinterher fahren würde, das es doch besser gewesen wäre, rechzeitig aufzugeben. Aber ich glaube nicht, dass man für solche Fälle allgemeine Regeln aufstehen kann, die einem bei der Entscheidung helfen. Wichtig ist, denke ich, dass man aufbauend auf vergangenen Erfahrungen und einer möglichst realistischen Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit, zu einer wohlüberlegten Entscheidung kommt, bei der man sich am Ende gut fühlt. Und dann auch zu dieser Entscheidung steht, bewusst, warum man sie genau so getroffen hat.

Nun aber noch kurz zum heutigen Tag. Wir begannen ihn mit einem reichlichen Frühstück. Danach wanderten wir aber nicht sofort los, sondern fuhren erst mit den Bus von Pfunders nach Niedervintl ganz ins Tal. Der Wanderführer empfahl einen Teil dieser Busfahrt, da der heutige Weg sowieso am Anfang nur auf der Straße entlang gegangen wäre. Da wir aber nun schon im Bus saßen, fuhren wir bis ganz runter. In Niedervintl trennten wir uns erst von Karsten, der in Vintl einen Ruhetag eingelegt hat und erst morgen wieder weiterwandert. Es ist schade, dass du, Karsten, ersteinmal nicht mehr mit uns mitwanderst. Es war schön mit dir zu wandern, du warst ein angenehmer Mitwanderer. Vielen Dank für deine Gesellschaft. Aber vielleicht treffen wir uns ja noch einmal auf dem Weg nach Venedig.

Nach der Verabschiedung von Karsten und Erledigung einiger Einkäufe und sonstiger Dinge, für die man auf die Infrastruktur eines Ortes angewiesen ist, begann der große Anstieg, heute verstärkt mit Albert. Da wir nach den großen Abstieg gestern und der Busfahrt heute nur noch auf 800m Höhe waren, führte der Weg heute im Gegensatz zu den vorherigen Tagen zuerst auf bequemen, aber sehr steilen Waldwegen nach oben. Christian, falls du das liest: Ich glaube es war gut, das ihr heute nicht gekommen seid zum Mitwandern. Es wäre doch sehr anstrengend für euch gewesen.

Blick zurück nach Vintl beim Aufstieg

Obwohl der Wanderführer uns schon davor gewarnt hat, dass der Weg durch den Wald großes Potential hat sich zu verlaufen und wir natürlich alle mit GPS-fähigen Smartphones ausgestattet waren, schafften wir es doch uns zu verlaufen ist und mussten ein Stück querfeldein mit einem sehr steilen Stück Wiese, das wir kaum heraufgekommen sind, gehen. Das bestürzendste für mich war dabei aber, das Matthias, der eine Allergie gegen Gräserpollen hat, durch die volle Ladung, die er auf dieser wurde abbekommen hat, fast kollabiert wäre. Zum Glück hatte er aber ein Notfallmedikament dabei, so dass es ihn bald wieder besser ging. Zu allen Überfluss fing Vicky auch noch gleich zu Niesen ab, so dass sie auch gleich noch eine Dosis des Medikaments verabreicht bekam. Hier könnte ich jetzt noch eine längere Abhandlung über kaputte Zehnägel, gereizte Achillessehnen, verspannte Rücken, wunde Stellen und Blasen und den übrigen Leiden und Gebrechen, die einen so während einer großen Wanderung erteilen können, aber das verschiebe ich auf ein anderes Mal.

Nach fast 1000 Höhenmeter wurden dann die Bäume lichter, der Abstieg weniger steil und es gab auch wieder schöne Ausblicke auf die umliegenden Berge. Der Weg führte nun über Almen, die intensiv landwirtschaftlich und touristisch genutzt werden, so dass dort ziemlicher Verkehr herrschte, es ich nicht so schön fand.

Auf dem Weg zur Kreuzwiesenalm

Schön fand ich, dass man schon die Dolomiten, unser Ziel für die nächsten Tage, vor uns sah.

Blick auf den Peitlerkofel

Zum Schluss noch die heutige Route (leider fehlt das letzte Stück): Niedervintl – Kreuzwiesenalm

Viel auf und noch mehr ab – müde und erschöpft

Heute war eine der anstrengendste Etappen bislang. Wir waren fast 9 Stunden unterwegs und haben dabei 21km Strecke, 1000m Aufstieg und 2100m Abstieg zurückgelegt. Hier gleich die Tour zum Nachverfolgen: Pfitscher Joch – Pfunders.

Wir sind heute morgen gegen 8 Uhr gestartet. Wir, d.h. heute Matthias und ich. Matthias Jahren wir gestern im Pfitscher-Joch-Haus kennengelernt. Er ist ein alter, erfahrener München-Venedig-Wanderer, der diesen Weg schon mehrmals gemacht hat und diesmal zwei Wochen auf dem für ihn schönsten Abschnitt wandert. Er hat sich uns heute angeschlossen, mal sehen wie lange er bei uns bleiben wird.

Matthias, unser neuer Mitwanderer, vor verfallenen Hütten

Jedenfalls bin ich also heute mit ihm gestartet. Zuerst mussten wir die 500m Abstieg nachholen, die wir gestern ausgelassen hatten. Das Wetter war ganz gut, wenn auch immer mal wieder ein paar tief hängende Wolken zu sehen waren. Nach ungefähr einer Stunde hatten wir den Parkplatz erreicht, an dem unser Weg wieder auf den von Stein kommenden Weg traf. Diejenigen, die in Stein übernachtet hatten, waren aber schon durch, so dass wir versuchten sie einzuholen.

Dann ging es mal wieder an einem der vielen Bergbäche hier entlang, an verfallenen Hütten vorbei und wieder über ein Schneefeld bzw. an ihm vorbei. Dort haben wir dann auch die anderen eingeholt, so dass wir ab dann zu sechst gewandert sind. Ab da begann dann auch der beschwerliche, will sehr steilen Aufstieg zur Gliederscharte. Aber die Belohnung für die Mühe war, fast traue ich es nicht zu sagen aus Furcht euch damit zu langweilen, phantastische Ausblicke aus Berge, Täler, Gletscher, Bäche, Schneefelder und was die alten noch so faszinierend macht.

Auf dem Weg zur Gliederscharte

Gehen Mittag sind wir dann auf der Gliederscharte, mit 2600m der höchste Punkt unserer heutigen Wanderung, angekommen. Wir suchen uns dort ein windgeschütztes Plätzchen, um dort eine Mittagspause zu machen. Das war richtig schön, nach dem anstrengenden Aufstieg dort etwas entspannen zu können.

Blick vom der Gliederscharte

Bei dem Aufstieg ist mir auch wieder der Tipp eingefallen, den mir Cordula noch auf die Reise mitgegeben hat. Viele von euch kennen sicherlich das Buch „Momo“ von Michael Ende. Dort wird der Straßenkehrer Beppo, einer von Momos Freunden gefragt, wie er es nur schaffe, eine lange Straße zu kehren. Seine Antwort war „Besenstrich für Besenstrich. Ich denke immer nur an den nächsten Besenstrich und nicht an die ganze Straße, die noch vor mir liegt.“ Und dies ist eigentlich auch meine Methode, nach der ich große Aufgaben angehe, Schritt für Schritt, ein Schritt nach dem anderen. Ich nenne es deswegen auch gerne die Beppo-Straßenkehrer-Methode. Aber heute auf der Wanderung fiel mir auf, dass das alleine nicht reicht, um sich zu motivieren. Ich denke, auch wenn man eine große Aufgabe Schritt für Schritt erledigen muss und sich nicht von der Größe der Aufgabe abschrecken lassen soll, sollte man die Aufgabe oder das große Ziel nie aus den Augen verlieren. Denn, warum macht man überhaupt die vielen Schritte? Ohne das Ziel werden die vielen kleinen Schritte sinnlos und verkommen zur reinen Willkür. Nur mit dem Ziel vor Augen, kann man sich motivieren, überhaupt immer wieder den nächsten Schritt zu tun. Und was auch noch zu meiner modifizierten Beppo-Straßenkehrer-Methode dazugehört, ist die Retrospektive, der Rückblick auf das schon Erreichte. Beim Bergwandern also immer wieder der Blick zurück nach unten, wir hoch man schon gekommen ist. In der Vorausschau reichen in der Regel der nächste oder die nächsten paar Schritte. Aber von Zeit zu Zeit sollte man auch immer wieder schauen, ob man noch auf den richtigen Weg ist, sonst wird man trotz der vielen kleinen Schritte das Ziel nie erreichen.

Wir haben heute unser Ziel erreicht. Erst die Gliederscharte und dann nach 1500m Abstieg Pfunders, wo wir jetzt sind. Auf dem Weg dorthin kamen wir noch an einer Alm vorbei, auf der eine Bergbauernfamilie mit ihren Kindern, Kühen, Gänsen und Schweinen weit ab vom der Zivilisation lebt in Häusern, in denen wahrscheinlich schon ihre Urgroßeltern gelernt haben und an denen seitdem nicht viel verändert wurde, außer vielleicht das verlegen vom Stromleitungen, damit die Smartphone aufblasen werden können.

Obere Engbergalm

Obwohl der Abstieg lang war und sich hinzog, war er doch auch schon, da tief unter dem Weg der Pfunderbach (oder einer seiner Nebenbäche, so genau weiß ich das nicht) floss und immer wieder atemberaubende Tiefblicke möglich waren.

Blick auf den Pfunderer Bach

Mit dem heutigen Tag ist auch schon der zweite Teil meiner Alpenüberquerung zu Ende, die Zentralalpen sind überschritten und ab morgen geht es in die Dolomiten. Da es aber schon spät ist, verschiebe ich das Resümee des zweiten Teils auf morgen. Da wir morgen nur eine kurze Etappe vor uns haben, habe ich dafür vielleicht mehr Zeit.

Arrivo in Italia – ruhig und schön

Heute schreibe ich euch schon an Nachmittag, was ich erlebt habe, da wir heute (zumindest Vicky und ich, Anni, Henning und Karsten haben die komplette Etappe gemacht) nur eine halbe Tour gemacht haben und deswegen einen freien Nachmittag haben. Der Wanderführer sieht eigentlich eine Etappe von der Olperer Hütte nach Stein vor, letzteres ist ein kleiner Weiler mit zwei Gasthöfen und einer kleinen Kapelle. Da man aber von dort die gleiche Höhe morgen wieder aufsteigen muss, die man heute dorthin absteigen würde, bin ich heute am Pfitscher Joch geblieben, ziemlich genau auf der Grenze zwischen Österreich und Italien bzw. zwischen Tirol und Südtirol. Das verlängert zwar die morgige Etappe etwas, aber dafür war es heute ein ruhiger Tag und man hat sich den Ab- und wieder Aufstieg gespart.

Es ist schon interessant wie sich der Ehrgeiz im Laufe der Zeit ändert. Am ersten Tag bin ich trotz Hitze und S-Bahn-Verbindung die komplette erste Etappe gelaufen, ebenso am zweiten Tag. Auch am dritten habe ich nicht die Seilbahn genommen und habe noch jeden Zusatzgipfel, der am Weg lag, mitgenommen. Am fünften Tag bin ich dann erstmals Bus gefahren, um ein langweiliges Teilstück auf einer Straße zu überspringen, und bei den letzten Etappen habe ich keine Extragipfel mehr mitgenommen. Allein das Vorankommen ist jetzt das Ziel. So haben wir auch heute die Etappe abgekürzt, da der Schlenker über Stein und unserem Ziel Venedig, nicht weitergebracht hätte.

Wobei, ganz so auf schnelles Vorankommen sind wir doch nicht fixiert. Gestern, vor dem Aufstieg zur Olperer Hütte, fahren wir am Schlegeisspeicher einen Wegweiser „Pfitscher Joch 2h“, wir hätten also gestern schon da sein können, wo wir heute erst sind. Stattdessen sind wir gestern in zwei Stunden zur Olperer Hütte gewandert und heute in 4 1/2 zum Pfitscher Joch. Offensichtlich ein grandioser Umweg.

Und grandios war er tatsächlich. Ersteinmal der Aufstieg längs des Riepenbachs mit seinen vielen Wasserfällen und dem Blick auf den türkis leuchtenden See vor der Bergkulisse der Zillertaler Alpen, dann die Olperer Hütte, die das genaue Gegenteil des Tuxerjochhaus an Tag zuvor war, und heute die halbe Etappe mit der Überquerung mehrerer reißender Bäche, zum Glück meist mit Brücken versehen, und immer wieder den Blick ins Tal auf den Stausee, wobei der Anfang des Tages alles andere als aussichtsreich war, da wir teilweise durch dichten Nebel wandern mussten. Aber zum Glück war der Weg gut markiert, so dass wir ihn trotz des Nebels immer gut finden konnten. Jetzt haben wir also auch mal eine Wanderung im Nebel gemacht.

Kaum in Italien angenommen wusste ich, warum ich auch warme Sachen mitgenommen habe. Es hat nämlich deutlich abgekühlt und auch für die nächsten Tage sind eher kühle Temperaturen angesagt, wobei das Wetter aber wieder eher besser werden soll. Momentan ist jedenfalls draußen alles wieder in dichten Nebel gehüllt.

Die morgige Etappe soll uns dann nach Pfunders führen, eine lange Etappe mit 1000m Aufstieg und 1500m Abstieg (die 200m zusätzlichen Aufstieg haben wir uns ja gespart, siehe oben). Das wird bestimmt anstrengend, aber auch deswegen war es für heute Mal einen halben Ruhetag zu machen, wobei 5h Wanderung für zwei Wochen für mich auch schon für einen ganzen Tag gereicht hätten. Aber so verschieben sich eben die Perspektiven.

Zum Schluss wie immer unser heutigen Wegverlauf: Olperer Hütte – Pfitscher-Joch-Haus.

Jetzt muss ich erst Mal rausgehen und nach einer Stelle suchen, wo ich Mobilempfang habe, damit ich diesen Artikel veröffentlichen kann.

Abstieg statt Aufstieg – vernünftig und stürmisch

In der vom Sturm umtoßten Olperer Hütte schreibe ich heute meinen Tagesbericht. Wie die Überschrift schon suggeriert, begannen wir mit dem Abstieg vom Tuxerjochhaus und nicht mit den Aufstieg zur Friesenbergscharte. Zum Glück war es heute morgen so kalt und ungemütlich, stürmig und regnerisch, dass keine ernsthafte Diskussion aufkam, ob wir es doch wagen sollten. Das Wetter wurde zwar bald besser, aber da war die Entscheidung schon gefallen, und, wie sich später herausstellen sollte, war es genau die richtige Entscheidung.

So wanderten wir also erst nach Hintertux im Tuxer Tal, fuhren dann mit dem Bus nach Mayrhofen, überfielen dort kurz noch den Bäcker, um unsere Lebensmittelvorräte aufzufüllen (warum wird später klar werden) fuhren dann mit dem nächsten Bus durchs Zillertal zum Schlegeisspeicher, von wo wir dann zur Olperer Hütte aufstiegen. Während wir diesen zweistündigen Aufstieg bewältigen fing es wieder zu regnen an, so dass alle überzeugt waren, dass es besser war, jetzt nicht an der Friesenbergscharte zu sein. Erst recht als wir dann hier oben waren, und es zunehmend stürmischer und neblig wurde.

Blick auf den Schlegeisspeicher

Wenn es gerade mal nicht neblig ist, hat man von hier oben eine phantastische Aussicht auf den Stausee unten im Tal und die umliegenden Berge. Schade, das es im Moment schwierig ist, Bilder hochzuladen. Ich würde gerne welche hinzufügen, aber das werde ich auf später verschieben müssen.

Die Olperer Hütte

Heute möchte ich noch gerne etwas über die Hütten erzählen, in denen wir bislang übernachtet haben. Wir raten bislang in der Tutzinger Hütte, dem Karwendelhaus, dem Hallerangerhaus, der Glungezer Hütte, der Lizumer Hütte und heute der Olperer Hütte. Sie waren alle recht unterschiedlich, mal teuer, mal billiger, mal größer, mal kleiner, mal neuer, mal älter, Mal raten die Portionen größer, mal kleiner. Aber alle hatten ihren jeweils eigenen Charme und können guten Gewissens empfohlen werden. Die Besonderheiten der Olperer Hütte z.B. bestehen darin, dass sie wie ein kleiner Bauernhof in den Bergen mit Schafen, Ziegen und Hühnern ist und dass sie kleinen Kinder der Wirtsleute hier einkaufen bzw. krabbeln. Und vor allem fühlte man sich überall als hat herzlich willkommen, die Wirtsleute waren freundlich und gaben bereitwillig Auskunft über Wetter, geplante Touren und Alternativen.

Ziegen und Hühner auf der Olperer Hütte

Dem einen oder der anderen ist vielleicht bei der obigen Aufzählung der Hütten aufgefallen, dass eine fehlt, nämlich das Tuxerjochhaus, in dem wir gestern übernachtet haben. Und das war kein Versehen, sondern volle Absicht. Denn das Tuxerjochhaus viel komplett aus dem Rahmen. Zuerst wurde man mit einem Schild empfangen, dass das verzehren von mitgebrachten Speisen und Getränken verboten ist. Das ist vielleicht noch nicht so schlimm, aber gleich mit einem Verbot empfangen zu werden, ist auch nicht besonders einladend. Aber einladend zu sein scheint sowieso nicht das Konzept dieses Hauses zu sein. Bei der Anmeldung ging es dann weiter: eine lange Liste von Regeln und die Anweisung eines Schlafplatzes mit der Ermahnung ja nicht mehr als den zugewiesenen Platz zu belegen. Warum dies besonders betont werden musste, stellte sich dann gleich heraus: die Schlafplätze waren so angeordnet, dass für 4 Plätze nur 3 Matratzen zur Verfügung standen.

Beim Abendessen gab es wider unverständliche Regeln, die Portionen waren nicht besonders groß und es hat auch nicht gut geschmeckt. Meine Bratkartoffeln z.B. waren noch nicht ganz weich. Und wenn man den ganzen Tag an der frischen Luft wandert, ist es wichtig, abends genug zu essen zu bekommen. Aber den Vogel hat das Frühstück abgeschossen. Schon an Abend musste man sagen, um wieviel Uhr man den Frühstücken möchte. Danach bekam man dann eine Tischnummer zugewiesen, die man sich unbedingt merken musste. Außerdem bekam man einen Bon für genau eine Portion Kaffee oder Tee. So saßen dann heute morgen alle, die zum 7 Uhr frühstücken wollten enggedrängt um einen Tisch, jeder vor sich einen Teller mit drei Scheiben Brot, drei Scheiben Wurst und drei Scheiben Käse. Und das war es. Ich, der ich gewohnt bin, reichlich zu frühstücken, damit ich gut durch den Tag komme, musste dort hungrig vom Tisch aufstehen. Dabei war das Frühstück jetzt nicht billiger als in anderen Guten, wo es ein großes Frühstücksbuffet gab. Deshalb mussten wir also in Mayrhofen schnell noch zum Bäcker gehen.

Überhaupt das Essen ist durchaus ein Problem bei so einer Alpenüberquerung. Am den ersten Tagen kam man immer mal wieder an einem Supermarkt oder Bäcker vorbei, bei dem man sich mit ein paar Vorräten wünschen konnte. Die letzten Etappen führten aber von Hütte zu Hütte durch unbewohntes Gebiet, wo es keine Einkaufsmöglichkeiten gab. Auf den Hütten gibt es zwar immer etwas zu essen, aber dort zu essen geht mit der Zeit ganz schön ins Geld. Na gut, ich habe jetzt ersteinmal wieder ein Brot und ein Stück Käse in meinem Rucksack mit den ich dir nächsten beiden Tage auskommen werde.

Morgen wollen wir dann die Grenze nach Italien an Pfitscher Joch überqueren. Dort werde ich auch gleich in der gleichnamigen Hütte bleiben, während Anni, Henning und Karsten noch nach Stein weiterlaufen. Hoffentlich ist das Wetter morgen besser als jetzt gerade, sonst wird der morgige Tag keinen Spaß machen.

Übrigens, das wichtigste hätte ich fast vergessen zu erwähnen. Vicky ist heute wieder zu uns gestoßen bzw. wir zu ihr, da sie einen Ruhetag auf der Olperer Hütte eingelegt hat. Es war schön, nach dem etwas beschwerlichen Anstieg teilweise im Regen von ihr empfangen zu werden. Da freute man sich gleich noch viel mehr, endlich angekommen zu sein. Danke, Vicky.

Heute gibt es wieder zwei Touren, da wir ja zwischendurch Bus gefahren sind: Tuxerjochhaus – Hintertux, Schlegeisspeicher – Olperer Hütte.