Nach meinem Ruhetag in Alleghe startete ich heute von neuem in die Berge. Aber wer die Einsamkeit der Bergwelt sucht, war auf der heutigen Strecke völlig fehl am Platz. Wie vom Wanderführer vorgeschlagen fuhren wir, d.h. Vicky, Karsten und ich, mit der Bergbahn ersteinmal zum Col dei Baldi, von wo wir dann über den Lago di Coldai zum Rifugio Tissi an der Civetta wandern wollten und es auch getan haben. Aber außer uns hatten noch hunderte andere die gleiche Idee, vor allem viele Jugendgruppen, die lautstark den Berg hinauf stiegen.
Nichtsdestotrotz war es eine schöne aber relativ kurze Wanderung. Von der Bergbahn ging es erst einen bequemen Weg durch Wiesen entlang, bevor uns dann ein steiler Anstieg hoch zum Lago di Coldai führte, einem kleinen Bergsee, schon eingebettet in die Berglandschaft. Dort machen wir dann eine kleine Rast, damit wir nicht zu früh im Rifugio eintreffen und damit ich ein bisschen von den vielen Lebensmitteln essen konnte, die ich gestern vor lauter Begeisterung über das reichliche Angebot im Supermarkt gekauft habe und die ich nun mit mir schleppen muss. Zum Glück hatten sich die viele Gruppen etwas verteilt, so dass wir auch dort ein dies Plätzchen finden konnten.
Nach unserer Rast haben wir mal wieder Heike und Nils getroffen. Ich weiß nicht, ob ich schon von ihnen erhalten habe, aber sie sind auch von München nach Venedig unterwegs und eigentlich treffen wir sie seit der Glungezer Hütte immer wieder.
Der restliche Weg zum Rifugio Tissi war recht anstrengend, obwohl er hat nicht so lang oder besonders schwierig gewesen war. Aber vielleicht bin ich auch nach den letzten eher gemütlichen Tagen etwas aus der Übung gekommen. Aber auf diesem Stück ist Vicky etwas passiert, was ich schon bei mir mehrmals befürchtet hatte, es aber zum Glück nie der Fall war. Ihr ist nämlich einer ihrer Wanderstöcke an einem Felsen hängengeblieben und dann zerbrochen. Er hat sich in alle seine Karbonfasern aufgespalten und sieht ziemlich irreparabel aus. Leider muss sie jetzt die nächsten drei Tage mit einem Stock durch die Berge wandern, bevor sie sich in Belluno vielleicht neue kaufen kann.
Für mich wäre es ziemlich schlimm ohne oder mit mir noch einen Stock zu wandern. Obwohl ich früher eher skeptisch gegenüber Wanderstöcken war, habe ich mich in den letzten Wochen doch sehr daran gewöhnt. Wenn ich stellenweise Mal ohne Stöcke laufe, fühle ich mich plötzlich ziemlich unsicher. Vor allem an den Stellen, ob bergauf oder bergab sind sie doch eine große Hilfe. Aber Vicky nimmt es mit Humor, viel anderes bleibt ihr ja auch nicht übrig.
Die Hütte hier ist direkt innerhalb der Wand der Civetta, die hier noch 1000m aufragt. Aber auch auf der anderen Seite der Hütte geht es einige hundert Meter senkrecht in die Tiefe. Ein schon etwas schwindelerregender Anblick, wenn man an der Kante steht.
Da wir heute den ganzen Tag ausgezeichnetes Wetter hatten, konnten wir auch einen wunderschönen Sonnenuntergang beobachten, der die Civetta-Wand mit rötlichen Licht anstrahlte. Außerdem war es ein toller Anblick, die Sonne auf der anderen Seite zwischen den Bergen versinken zu sehen.
Ich werde jetzt gleich noch einmal rausgehen, um zu sehen, ob ich auch, jetzt wo es dunkel ist, ein paar Sterne sehen kann.
Leider ist es sich nicht so dunkel geworden, wie ich gehofft hatte. Aber Szene habe ich trotzdem gesehen. Wahrscheinlich hatte ich noch länger warten müssen. Aber da es dann so kalt wurde, bin ich lieber ins Bett gegangen, obwohl das Bett bzw. das Zimmer, in den es stand, auch ziemlich kühl war, da es nicht über der Gaststube, wie die anderen, sondern darunter lag und so die ganze Kälte vom Berg rein kam. Aber so konnte ich auch das letzte Ausrüstungsstück, das ich noch nicht genutzt hatte, nämlich meine lange Laufhose, auch noch nutzen.